Montag, 17. September 2012

Poesiemontag #6

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Gottfried Benn

O, Nacht-

O,Nacht! Ich nahm schon Kokain,
Und Blutverteilung ist im Gange.
Das Haar wird grau, die Jahre flieh´n.
Ich muß, ich muß im Überschwange
Noch einmal vorm Vergängnis blühn.

O,Nacht! Ich will ja nicht so viel.
Ein kleines Stück Zusammenballung,
Ein Abendnebel, eine Wallung
Von Raumverdrang, von Ichgefühl.

Tastkörperchen, Rotzellensaum
Ein Hin und Her, und mit Gerüchen;
Zerfetzt von Worte-Wolkenbrüchen-:
Zu tief im Hirn, zu schmal im Traum.

Die Steine flügeln an die Erde.
Nach kleinen Schatten schnappt der Fisch.
Nur tückisch durch das Ding-Gewerde
Taumeld der Schädel-Flederwisch.

O,Nacht! Ich mag dich kaum bemühn!
Ein kleines Stück nur, eine Spange
Von Ichgefühl - Im Überschwange
Noch einmal vorm Vergängnis blühn!

O,Nacht, o leih mir Stirn und Haar,
Verfließ Dich um das Tag- verblühte!
Sei, die mich aus der Nervenmythe
Zu Kelch und Krone heimgebar.

O, still! Ich spüre kleines Rammeln:
Es sternt mich an - Es ist kein Spott-:
Gesicht, ich: mich, einsamen Gott,
Sich groß um einen Donner sammeln.

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