Zum Inhalt: Neun Jahre ist es jetzt her, dass die Bomben fielen. Seitdem gibt es auf der Erde nur noch Zerstörung und Chaos. In dieser Welt lebt die mittlerweile 16-jährige Pressia. Sie gehört zu jenen Überlebenden, die mit dem verschmolzen sind, was sie im Moment des Bombenabwurfs gerade berührten - bei Pressia ist es ein Puppenkopf, den sie nun anstelle ihrer linken Hand trägt. Seit ihrem 16. Geburtstag müsste sie eigentlich bei einer militärischen Organisation Dienst tun, doch sie versucht, dem brutalen Drill zu entkommen. Auf ihrer Flucht trifft sie Partridge, einen Jungen, der aus dem angrenzenden Kapitol ausgerissen ist. Dort lebt jener privilegierte Teil der Bevölkerung, der rechtzeitig vor der Bombe gewarnt wurde und so den furchtbaren Verschmelzungen entgehen konnte. Partridge ist auf der Suche nach seiner tot geglaubten Mutter, die es damals nicht mehr ins Kapitol geschafft hat. Nachdem er einige mysteriöse Hinweise erhalten hat, ist Partridge jedoch überzeugt, dass sie noch am Leben ist. Pressia beschließt, ihm bei der Suche zu helfen, und gemeinsam machen sie sich auf eine gefährliche Reise.
MEMENTO von Julianna Baggott ist eine sehr düstere Dystopie über das Leben in einer zerstörten Welt in der nichts mehr so ist wie es mal war.
Dass dieses Buch düsterer und wie ich finde auch erwachsener als die meisten anderen Jugendbücher in diesem Genre ist merkt man bereits in den ersten zwei Kapiteln.
Es gibt einen Prolog, der aus Sicht von Pressias Großvater den Moment der Zerstörung der Welt beschreibt und den Leser wirklich einen eindrucksvollen Start in die Geschichte liefert. Überall begegnet man Mutationen oder Menschen mit Verschmelzungen - sie sind im Augenblick des Bombenabwurfes mit dem verschmolzen, was sie gerade berührten, egal ob Mensch, Tier oder Gegenstand; so ist auch Pressias Hand mit einem Puppenkopf verschmolzen, ihr Großvater mit einem Miniventilator am Hals. Und hier sehe ich auch schon den ersten Kritikpunkt. Am Anfang haben mich diese Entstellungen regelrecht entsetzt, es ist mir schwer gefallen mir diese bildlich vorzustellen und die Charaktere so für mich greifbar werden zu lassen. Zum anderen fehlte mir da irgendwie die Logik dahinter. Wie kann es sein, dass Menschen einfach mit Gegenständen verschmelzen? Im Falle von Pressias Großvater, ar der Ventilator ja noch in Betrieb. Er funktioniert und dreht sich während er da irgendwie in seinem Hals steckt? Genauso ist es mit dem Puppenkopf an Pressias Hand. Es wird gesagt, diese steckt in dem Kopf drin, sie kann sie noch spüren. Die Hand muss im laufe der Jahre auch mitgewachsen sein und ich hab mich von Anfang an gefragt, wie das überhaupt möglich ist. Für mich ist es bis jetzt noch nicht vorstellbar, wie das alles funktioniert und vom logischen her gesehen miteinander vereinbar ist und genau das habe ich mich auch während des Lesens permanent gefragt.
Und während ich diese Mutationen anfangs noch als schreckliches Instrument empfunden habe, die Grausamkeiten der Katastrophe zu verdeutlichen haben sie mich je häufiger sie auftraten einfach nur noch gestört und genervt. Man kann sagen, die Autorin hat in diesem Fall für mich ein wenig übertrieben.
Dennoch hat Julianna Baggot es geschafft mich an dieses Buch zu fesseln und in eine unglaubliche, eine vielschichtige Geschichte einzuführen: Denn während die Überlebenden außerhalb des Kapitols fest daran glauben, dass sie eines Tages von ihren Brüdern und Schwestern aus dem Kapitol gerettet werden, so sind es genau diese, die sich in ihrer Reinheit von der feindlichen Außenwelt abgrenzen und darauf warten, bis die angewandte Nanotechnologie die zerstörten Landstriche so weit regenerieren lässt, dass die Welt von einer reinen Menschheit neu bevölkert werden kann... Klingt nach einer unvorstellbaren Verschwörung? Nun, daran mag von den Unglückseligen außerhalb des Kapitols kaum jemand glauben, und auch im Kapitol würde daran wohl niemand denken. Doch die Selbststilisierung als die wertvolle, reine, neue Gesellschaft verleiht dem Roman eine bedrohliche, düstere Atmosphäre und als Leser wird schnell deutlich, dass eigentlich die saubere Welt unter der Glaskuppel diejenige ist, die in diesem Roman Angst und Schrecken verbreitet. Der Leser wird wieder vor eine Wahl gestellt zwischen einem zunächst perfekt erscheinenden Leben und dem grausamen Realismus außerhalb der Kuppel. Ich fühlte mich in der Hinsicht übrigens ein wenig an Cassia und Ky erinnert obwohl man es storymäßig vielleicht nicht wirklich vergleichen kann.
Viele Aspekte der Geschichte werden erst im Nachhinein in ihrer eigentlichen Bedeutung klar, manche werden zunächst einfach nur genannt, ohne dass eine Erklärung direkt folgt, so dass der Leser bei der Begleitung der Hauptfiguren über weite Strecken des Romans selbst eine Menge zu rätseln hat, bis sich die Dinge in einen logischen Zusammenhang fügen. Diese Art des Lesens muss man mögen. Mir selbst ist es zunächst schwer gefallen mich in die Charaktere hinein zu versetzen, es wirkt alles irgendwie distanziert. Ich habe zwar den Schrecken der Katastrophe "sehen" können und eine gewisse Betroffenheit an vielen Stellen beim Lesen empfunden, aber um wirklich mitzufühlen hat es seine Zeit gebraucht.
Ich denke Memento ist ein Buch, auf das man sich beim Lesen einstellen muss um es wirklich genießen zu können und wer dafür nicht bereit seinen Kopf während der ersten Kapitel ein wenig auszustellen und sich da durch zu beißen, sollte die Finger davon lassen. Wer allerdings an Dystopien interessiert ist und eine Geschichte sucht, die sehr umfangreich, sehr düster und sehr erwachsenen geschrieben ist sollte dieses Buch auf jeden Fall lesen; mich hat es zumindest letztendlich überzeugt und wenn ich hier eine Bewertung abgeben müsste, würde ich Memento 4 von 5 Sternchen geben.
Wer nun Apettit auf Memento bekommen hat, kann es sich >HIER< bestellen.
Dieses Buch wurde mir freundlicherweise vom Lübbe Verlag in Zusammanarbeit mit blogg dein Buch zur Verfügung gestellt.
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